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Der Überraschungskomet 2007:  17P / Holmes
Manchmal wiederholt sich Geschichte tatsächlich: vor ziemlich genau 115 Jahren - am Abend des 6. November 1892 - wollte der britische Astronom Edwin Holmes eigentlich den Andromedanebel beobachten. Doch der im Sucher eingestellte Nebelfleck war nicht M 31, sondern ein bis dahin unbekannter kurzperiodischer Komet, der sich gerade in einem intensiven Helligkeitsausbruch befand und ~ 4 mag erreicht hatte.
Jetzt 2007 wurde nun - im gleichen kalendarischen Zeitfenster und an fast der gleichen Stelle am Himmel - erneut ein intensiver Ausbruch auf dem Periodischen Kometen Nr.17 beobachtet: innerhalb kürzester Zeit stieg seine scheinbare Helligkeit um 15 Größenklassen von 17mag auf ~2mag.

Holmes bewegt sich mit einer Umlaufzeit von 6,88 Jahren auf einer fast planetoidentypischen Bahn. Bei einem Perihel von lediglich 2,05 AE kommt er der Sonne nie richtig nahe (bleibt stets jenseits des Mars) und verweilt andererseits auch in seinem sonnenfernsten Punkt (bei 4,7 AE) innerhalb der Jupiterbahn. Trotz der kurzen Periode, sprich häufigen Sonnenannäherungen, ist sein Kern dank der 'kühleren Lage' des Perihels nur wenig ausgezehrt, so dass er auch in den kommenden Wochen noch viel Gasnachschub liefern kann...


Bei extremer Farbbearbeitung werden Aufbau und Strömungsverhältnisse im Kometenkopf erkennbar -->
           Rötlich zeigen sich hier die noch dichten, kühlen (gerade erst aus dem gefrorenen Kern entwichenen) und staubreichen Gase, gelblich die schon von Sonnenstrahlung und -wind bearbeitete Materie, welche sofort in Gegenrichtung der Sonne weggedrückt wird, sich dann aber zu einem großen Teil rings in der äußeren Schale der Koma verteilt, blaugrün die ältesten Gasstrukturen mit geringer Materiedichte und hohem Ionisierungsgrad.
(mehr zu dieser Aufnahme: siehe unten)

Extreme Farbbearbeitung macht das Innenleben des Kometen sichtbar.
Größenzuwachs des Kometen innerhalb einer Woche. 

  Zur vollen Auflösung bitte in das Bild klicken.
Bahnverlauf + weitere Infos
Die weitere Bahn von 17P/Holmes
 
Grafik: Andreas Schnabel

Komet Holmes bewegt sich Mitte November durch den Alpha-Persei-Sternhaufen, der Kern geht dabei nahe am Algenib (Hauptstern des Perseus) vorüber. Visuell wie fotografisch wird es eindrucksvolll sein, den nun sehr großen Kometen inmitten vieler hellerer Sterne zu sehen!
Am 22. Jan. 2008 passiert er in seiner Oppositions- schleife (größte Erdannäherung war am 6. November) den Bedeckungsveränderlichen Algol, Anfang März schließlich wird er am Californianebel vorüberziehen - wir können gespannt sein. wie er sich bis dahin entwickelt...




Einige interessante Links:


VdS-Fachgruppe Kometen

www.kometarium.com

Interstellarum-Newsletter

Infoseite der NASA

Holmes-Foto von 1892

Holmes-Größenvergleich mit Sonne + Saturn Professionelle Fotos von David Jewitt, 9. Nov.2007

www.spaceweather.com

Website von Uwe Pilz

Website von Andreas Schnabel

 
Das Wachstum von 17P/Holmes ist geradezu dramatisch. Innerhalb nur einer Woche verdoppelt er seine Ausdehnung! Der Kometenkopf misst mittlerweile über 3 Mio km Durchmesser, Holmes ist damit vom Volumen her das größte Objekt unseres Sonnensystems!

Und er wächst weiter, immer noch strömt Materie vom hellen, sternförmigen Kern in die innere Koma.
Nachfolgend zunächst ein Blick in die Anfangszeit dieses Prozesses, Bilder vom 27.-29. Oktober, die mit völlig verschiedener Aufnahmetechnik (!) gewonnen wurden und zu übereinstimmenden Resultaten führten:


Innere Koma 27.-29.Okt.2007

Innere Koma 29.Okt.2007
Bilder + Berichte befreundeter Beobachter
Zeichnungen von Uwe Pilz
 
Zeichnungen (oben) und Beobachtungsberichte von Uwe Pilz:

27. Okt. 2007 ,  22:20 UT:
"Guten Abend,
in Leipzig ist es klar und ich habe mir eben 17P angesehen. Ein sehr unwirkliches etwas! 2mag6 hell,
6' Durchmesser, am Rand liegende zentrale Kondensation von 2' Durchmesser.
Man sieht förmlich, wie das Gas an einer Stelle aus dem Kometen geblasen wurde."
[vergl. dazu mein fast gleichzeitig aufgenommenes Bild rechts oben!]

29. Okt. 2007 ,  9:43 Uhr:
"Gestern Abend war schönes klares Wetter und ich sah zahlreiche Details an unserem Kometen:
- die 8' große äußere Koma enthält zahlreiche dunklere Gebiete: kreisförmig, nierenförmig. Vor allem im Süden und Westen. Diese äußere Koma ist im Südwesten scharf begrenzt, im Nordosten aber ausgefranst, langsam dunkler werdend
- Die helle innere Koma ist scharf abgegrenzt gegen die dunkle äußere. Sie enthält dort, wo die zentrale Kondensation ist, eine dunkle Stelle (von der Helligkeit der äußeren Koma).
- Die zentrale Kondensation ist nicht zentral, sondern südlich versetzt. Sie bildet dort das Ende des hellen inneren Koma. Höhere Vergrößerung offenbart keine weiteren Einzelheiten.
- Am Rand des Kometen, im Osten, steht ein Stern."
 










Zeichnungen von Daniel Restemeier, in der hohen Qualität, die wir von ihm gewohnt sind:
die wohl erste gezeichnete Holmes-Animation (aus Beobachtungen zweier aufeinanderfolgender Tage), mehr dazu im > Astrotreff und natürlich auf Daniels Website: www.astro-visuell.de
 









Zeichnung von Andreas Schnabel

Ein Holmes von Andreas Schnabel, erstellt mit nur 70mm Öffnung.
Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Andreas für die sofortige und umfassende Info unseres Teams beim Helligkeitsausbruch des 17P.
 









Zeichnungen von Uwe Pilz
 
Morphologieveränderungen -
visuell beobachtet von Uwe Pilz in Leipzig:


"Oben links ein Bild vom 28. Oktober, bei 96x an meinem 32cm Dob gezeichnet.
Deutlich sichtbare Details:
- 2 hart voneineinander abgestetzte Komahüllen
- Prominenter Pseudo-Nukleus
- Dreiecksförmige Fehlstelle der inneren, hellen
  Koma (durch Gasauswurf bevorzugt in eine
  Richtung)
- Ausgefranster Südteil (beginnender Schweif)
- ein schwacher Stern eingebettet
- Durchmesser 8 '
Die schwache äußere Koma habe ich erst zwei Tage später unter besseren Bedingungen (Mond) gesehen, sie ist gestrichelt angedeutet (20`Durchmesser).

Den Hauptteil des Bildes nimmt meine Beobachtung vom 20. November mit dem 10x50 Fernglas ein:
- riesengroß, fast ein Grad lang
- breiter fächerförmiger Schweifansatz
- innerer Teil der Koma: weniger kontrastreich und
  tropfenförmig
- Links neben dem Kometen: Mirfak."



Die Aufnahmeserien oben entstanden aus Videos im SuperNightshot-Modus, es wurden jeweils über 5.000 Einzelbilder gemittelt. Diese - wie auch alle nachfolgenden Bilder - sind anschließend nicht geschärft worden, sondern nur mit großflächiger Unscharfmaske (30 Pixel) bearbeitet, um Artefakte völlig ausschließén zu können.



Jeder Sternfreund kennt den Orionnebel. Dessen Aufnahme, unmmittelbar nach Holmes in der gleichen Nacht gewonnen, wurde in eine Vorlage mit dem Kometenbild eingefügt und dann mit diesem gemeinsam bearbeitet, wobei lediglich die Farbsättigung im Fitswork 200% angehoben, aber sonst farblich nicht verändert wurde!
Jeder kann sich mit einem Klick ins Bild die Großversion dieser Gegenüberstellung anschauen und gfs. mit den Monitoreinstellungen die Farbe solange verändern, bis er den M42 für optimal hält und so eine relativ reale Farbdarstellung des Kometen bekommen:


Vergleich Holmes-M42






 Bei extremer Farb- und Kontrastbearbeitung zeigt 17P/Holmes dann dieses Aussehen:

Halo und Strömungsstruktur von 17P/Holmes

Um mehr über die im Kometenkopf ablaufenden Prozesse zu erfahren, habe ich den auf diesem Fachgebiet tätigen Prof. Dr. Dirk Möhlmann vom DLR Institut für Planetenforschung gebeten, die Holmes-Aufnahmen aus wissenschaftlicher Sicht zu interpretieren, nachfolgend sein Statement:

Sehr geehrter Herr Hofner,

...Zu Ihren Bildern:
Ich gratuliere Ihnen zu dieser guten Qualität. “Hängen” Sie sie doch mit in die international offenen Gallerien.
Die physikalische Grundsituation ist, dass sich das frei gesetzte Gas wegen der kleinen freien Weglänge schnell thermalisiert (= isotropisiert) kugelförmig um den Kern verteilt, auch wenn es sich nur um eine lokale Quelle handelt.
Der Staub kann sich in “Jets”, anfangs von Gas mitgenommen, gerichtet verteilen, weiter aussen, wenn das Gas keine Rolle mehr spielt, kommt es dann zur Bildung des Staubschweifes infolge der konkurrierenden Wirkungen von Lichtdruck und solarer Gravitation. Unterschiedliche Strukturen in der Koma weisen oft auf unterschiedliche Quellen hin, die zu unterschiedlichen Zeiten aktiv waren.

All das finden Sie detaillierter in meinen beiden Kometenbüchern (Akademie-Verlag sowie C.H. Beck´sche Verlagsanstalt, beide vergriffen aber vielleicht gebraucht bei ebay oder in geeigneten Bibliotheken erhältlich).

Ich sende diese Email an meinen Kollegen, Dr. Kührt, ebenfalls, wie ich, am DLR Institut für Planetenforschung in Berlin tätig. In seiner Abteilung könnte evtl. Interesse an Ihren Bildfolgen bestehen.

Mit freundlichen Grüßen,
D. Möhlmann

Komastrukturen am 4./5. Nov. 2007

Komet Holmes am 4./5. Nov.

So langsam bekommt er ein kometentypisches Erscheinungs- bild: die zentrale Kondensations- wolke sieht zusehends tropfen- förmiger aus, immer mehr Materie wird vom Sonnenwind herausgeblasen, auch wenn der Schweif auf Grund der recht großen Entfernung zum Zentral- gestirn leider sehr zart, ja fast unscheinbar ist und bleiben wird...
  Holmes am 4. Nov. mit Schweifansatz

Die Entwicklung vom 10. bis 21. November

Da Holmes' Größe unaufhörlich weiter wächst, bin ich nun auf mein kleinstes Fernrohr um gestiegen: die Aufnahmen erfolgen jetzt mit dem "halben Telementor", sprich dem Carl Zeiss JENA 63/420mm.
Hatte der Komet bislang bei seiner Expansion vor allem an Flächenhelligkeit eingebüßt (bei fast gleich gebliebener Gesamt-Helligkeit, die in der ersten Monatsdekade von allen Beobachtern immer noch auf 2,3... 2,8mag geschätzt wurde), erschien er nach einer Schlechtetterperiode am 21. November nun insgesamt merklich schwächer geworden zu sein (ca. 3,5 mag Gesamthelligkeit)

Seine weitere Entwicklung bleibt ungewiss - 1892 hatte er nach 2,5 Monaten einen erneuten Helligkeitsanstieg, wiederholt sich vielleicht auch diese Geschichte?? ...
...im Nachhinein musssten wir feststellen: leider nein...

Die Aufnahmen vom 10. + 21. Nov. überlappen sich und sind unten zu einem Bild zusammen gefügt, so dass die Bewegung des Kometen durch Melotte 20 (Alpha-Per-Sternhaufen) sowie seine Größen- und Helligkeits- Veränderung deutlich wird.
Am 21.11. störte der schon sehr helle Mond, bei doppelter Belichtungszeitzeit* ist zwar nicht die Intensität der (punktförmigen) Sterne, wohl aber die Flächenhelligkeit der beiden Kometenbilder vergleichbar, da das linke Bild bei der Bearbeitung entsprechend abgedunkelt wurde.

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* Ich wollte zunächst den Schweifansatz abbilden, der andeutungsweise auch erkennbar ist; eine weitere Aufnahmeserie mit gleichen Belichtungs-Parametern wie am 10. November (rechtes Bild) verhinderte dann jedoch aufziehende Bewölkung.
Holmes am 10. und 21. Nov. im 63mm-ZEISS-Fernrohr
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